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Dombey und Sohn – ganz kurze Einleitung
Der Originaltitel lautete »Dealings with the Firm of Dombey and Son« und gehört zu den großen Werken des Charles Dickens. Der Roman erschien ab Oktober 1846 in 19 monatlichen Fortsetzungen und kam dann im April 1848 als gebundenes Buch auf den Markt [1].
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Es beginnt heiter, humorvoll und gemütlich, nichts deutet daraufhin, welch dramatischen Verlauf manches nehmen und wie tragisch manches enden wird.
»Dombey sat in the corner of the darkened room in the great arm-chair by the bedside, and Son lay tucked up warm in a little basket bedstead, carefully disposed on a low settee immediately in front of the fire and close to it, as if his constitution were analogous to that of a muffin, and it was essential to toast him brown while he was very new.
Dombey was about eight-and-forty years of age. Son about eight-and-forty minutes.«
Dickens, Charles, »Dombey and Son«, Chapter One, Projekt Gutenberg, https://www.gutenberg.org/cache/epub/821/pg821-images.html#chap01
Hier noch einmal in der Übersetzung von Carl Kolb aus dem Jahre 1928/29:
»Dombey saß in der Ecke des abgedunkelten Zimmers in dem großen Lehnstuhl neben dem Bett, und Sohn lag, warm eingewickelt, in einem Korbnestchen, das unmittelbar vor dem Feuer auf einem niedrigen Schemel stand und der Glut sich so nah befand, als ob die Konstitution des jungen Herrleins Ähnlichkeit habe mit der einer Semmel, die braun geröstet werden muss, solange sie noch frisch ist.
Dombey war ungefähr achtundvierzig Jahre, Sohn etwa achtundvierzig Minuten.«
Dickens, Charles, »Dombey and Son«, Berlin 2017, S. 5.
Ja, das ist Dombey Senior – der überaus selbstgerechte und herzensharte Kaufmann und Reeder: Endlich Vater eines Sohnes, seit sechs Jahren Vater einer in seinen Augen bedeutungslosen Tochter und in Bälde Witwer, denn seine Frau liegt sterbend neben ihm im Kindbett. Nun, sie hat ihren Zweck erfüllt und wird vom Geschäftsmann mit Anstand und Würde, jedoch ohne Trauer begraben. Nur Töchterchen Florence beweint ihre Mutter und wendet all ihre Liebe dem kleinen Bruder Paul zu. Dem alten Dombey ist Florencens Fürsorge ein Dorn im eifersüchtigen Auge, denn Paul gehört ihm. Der Junge soll in die Fußstapfen des Vaters treten und die Geschäfte der erfolgreichen Firma »Dombey und Sohn« einst weiterführen.
Bereits mit sechs Jahren wird Paul in das Internat des Dr. Blimber geschickt und so dem Einfluss der Schwester entzogen. Doch dem körperlich schwachen Jungen mit dem »alten Blick« und der tiefgründigen Nachdenklichkeit bleibt nicht genug Lebenszeit für die Firmennachfolge, er stirbt noch als Kind.
Nun ist’s vorbei mit »Dombey und Sohn« …

… und »Dombey und Tochter« kommt natürlich nicht in Frage (wo kämen wir denn dahin, in der viktorianischen Ära!), weder geschäftlich noch gefühlsmäßig. Für ihren Vater ist Florence unsichtbar, nein, schlimmer, er erträgt und duldet ihre Nähe nicht. Einsam fristet sie ihr Leben in dem düsteren Wohnsitz der Dombey’s, sich nach der Liebe des Vaters verzehrend.
(Bild links: Familienarchiv Ch. Wilms, meine Urgroßmutter mit ihrem Vater, ca. 1872 aufgenommen. Wenn er die damals üblichen Kosten und Mühen für ein Foto auf sich genommen hat, wird ER seine Tochter wohl geliebt haben.)
Menschliche Wärme und Freundschaft findet Florence bei Walter Gay, dessen Onkel Solomon Gills – seines Zeichens erfolgloser Schiffsinstrumentenbauer – sowie dem dauerhaft an Land gegangenen Kapitän Cuttle. Doch Walter, der Florence aus einer misslichen Lage gerettet und sie nach Hause gebracht hat, ist seinem Vorgesetzten Dombey ein Dorn im Auge und wird auf eine Schiffsreise nach den Westindischen Inseln geschickt. Stürme lassen das Schiff sinken und es gilt als gesichert, dass Walter ertrunken ist. Nun gibt es für Florence keinerlei Trost und Zuflucht mehr.
Das soll sich erst ändern, als Paul Dombey die junge Witwe Edith Granger ehelicht, deren Mutter seit jeher versucht hat, sie auf dem Heiratsmarkt an den Meistbietenden zu verschachern. Edith fasst große Zuneigung zu Florence, kämpft aber mit zu vielen persönlichen Problemen. Sie hasst die von ihrer Mutter aufgezwungene Rolle als „zu verkaufende Braut“, fühlt sich gedemütigt und kann ihren neuen Ehemann – wie sich selbst – nur verachten. Und jener Ehemann missbilligt ihre stolze und abweisende Haltung ihm gegenüber und die Liebe, die sie seiner nicht geschätzten Tochter entgegenbringt. Genau das wird zur Katastrophe führen.
Doch das ist nur der Kern der Handlung. Denn Charles Dickens wäre nicht Charles Dickens, wenn er seinen Roman nicht noch mit vielen Nebenhandlungen, Verwicklungen und faszinierenden Figuren „gewürzt“ hätte…
Da wären der verschlagene Dombey-Geschäftsführer Mr. Carker, der sich schon bald in die frisch geschlossene Dombey-Ehe einmischen wird sowie dessen vormals krimineller, aber gutherziger Bruder (nebst noch gutherzigerer Schwester). Und Susanna Nipper, die Zofe von Florence – eine Art weiblicher Sam Weller [2]. Oder die gar nicht toxische Miss Tox; der geistig leicht derangierte, dennoch liebenswerte Klassenkamerad des jungen Paul selig, Toots; der schlagflussgefährdete und selbstverliebte Major Bagstock (der von sich gern in der dritten Person als »Joey B.« spricht) und dergleichen humorvolle, aber auch kriminelle Figuren mehr. Nicht zu vergessen: der hölzerne Midship-Man, der über die Seinen wacht.
Eine gewichtige Rolle spielt die Eisenbahn: sie zieht mit Qualm und rasanter Geschwindigkeit durch den Roman, bringt den Fortschritt und mit ihm den Tod. Als hätte Charles Dickens seine Verwicklung in den Eisenbahnunfall von Staplehurst [3] vorausgeahnt…
Dombey und Sohn – mein Fazit
Dickens at his best: Drama, Tragödie, Humor und eine große Prise Rührseligkeit – der stetige Appell des viktorianischen Bestseller-Autors an unsere Menschlichkeit!!! DIE Lektüre für die Advents- und Weihnachtszeit.

Und in der nächsten Woche geht es auf Meine Leselampe weiter mit literarisch-viktorianischen Geschenktipps zur Weihnachtszeit: »Weihnachten in Kirkby Cottage« von Anthony Trollope (1815-1882). Erinnert Ihr Euch noch an seine Erzählung: »Weihnachten auf Thompson Hall«? -> https://www.meineleselampe.de/buchtitel/weihnachts-dreierlei-2022/. In dem Sinne – ich hoffe, wir lesen uns!
Dombey und Sohn – Quellen und Weblinks
[1] Gelfert, Hans-Dieter, »Charles Dickens, der Unnachahmliche«, München 2011, S. 357. Auf Meine Leselampe gibt es weitere Informationen über Hans-Dieter Gelferts Dickens-Biographie -> https://www.meineleselampe.de/buchtitel/charles-dickens-der-unnachahmliche/.
[2] Siehe Meine Leselampe: https://www.meineleselampe.de/buchtitel/die-pickwickier/.
[3] Dazu gibt es eine Leseprobe und einen Literaturhinweis auf Meine Leselampe -> https://www.meineleselampe.de/buchtitel/kalendergeschichten-mit-dem-leiermann-durchs-jahr-2023/. Oder hier ein Beitrag der BBC vom 7. Juni 2025, »Charles Dickens never the same after Staplehurst train crash« -> https://www.bbc.com/news/articles/cj6rgk897d8o.
Dombey und Sohn – Bezugslink
Dickens, Charles, »Dombey und Sohn«, Taschenbuch, illustrierte Ausgabe, 628 Seiten, erschienen 2023 bei Sharp Ink.
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Oder lieber in der Originalsprache?
Dickens, Charles, »Dombey und Sohn«, 1004 Seiten, mit einem Vorwort und Erläuterungen von Andrew Sanders, herausgegeben von Penguin Classics, 2002.
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