»Christmas Pudding« – eine Einleitung

»Christmas Pudding«, der zweite Roman Nancy Mitfords (1904-1973), wurde ins Deutsche übersetzt und ist 2024 unter dem Titel »Schöne Bescherung auf Compton Bobbin« erschienen. Ein – wenn auch nicht aus der viktorianischen Epoche stammend – perfektes Weihnachtsbuch und daher darf es auf Meine Leselampe nicht fehlen!

Erwähnt hatte ich dieses Werk Nancy Mitfords schon bei der Vorstellung ihres Romans »Englische Liebschaften« auf Meine Leselampe -> https://www.meineleselampe.de/englische-liebschaften-nancy-mitford/. Und wie dort finden wir in »Christmas Pudding« Charaktere, die an Mitglieder von Mitfords Familie erinnern: Für die Figur der Lady Bobbin, einer unduldsamen, nicht sehr gebildeten Frau, deren irdisches Glück tatsächlich auf dem Rücken ihrer Jagdpferde liegt, könnte Nancys cholerischer Vater David Freemann-Mitford, 2. Baron Redesdale, Modell gestanden haben. Und wieder wird die englische Gesellschaft »zwischen den Zeiten» geschildert. Die viktorianische Ära ist vergangen, ihre Wert- und Unwert-Vorstellungen (letzteres bezieht sich auf die Verachtung der und/oder Angst vor Kommunisten, Papisten und Ausländern) wirken jedoch immer noch nach…

»Christmas Pudding« – zum Inhalt

»Sechzehn Personen suchen einen Autor« und Autorin Nancy Mitford nimmt sich ihrer an. In einem amüsanten Prolog, der an einem dunklen und nebligen Novembertag spielt, stellt sie die auf literarische Unterstützung Angewiesenen vor: Da wäre der Autor Paul Fotheringhay, der gefrustet ist, weil sein tragischer Roman als amüsantes Werk gefeiert wird und weil seine Geliebte Marcella Bracket ihn nur benutzt, um in die Kreise der jungen Intellektuellen und Künstler hinein zu kommen; das junge Ehepaar Walter und Sally Monteath, oberflächlich, heiter, finanziell chronisch klamm und frischgebackene Eltern; Amabelle Fortescue, ehemals Kurtisane, nun aber eine reiche und ehrbare Witwe.

Christmas Pudding – Nancy Mitford (1932)

Oder Philadelphia Bobbin, die auf dem Landgut ihrer jagdbesessenen Mutter ein tristes Dasein führt »und hofft, dass der Tod weniger langweilig wird als das Leben«.

Ihr Bruder Roderick »Bobby« Bobbin, stets darauf bedacht, einen Vorteil zu erlangen und im Mittelpunkt zu stehen, vergnügt sich derweil am Eton College. Michael Lewes, der unsterblich-unglücklich in die wesentlich ältere Amabelle verliebt ist, bereitet seinen Abschied aus dem diplomatischen Dienst vor.

Alle 16 Personen, die einen Autor suchen, aufzuzählen, führt zu weit – ich versichere, dass es eine bunt gemischte Truppe ist, die an Weihnachten den Weg nach Compton Bobbin in Gloucestershire oder in die Nachbarschaft findet. Die meisten gehören zum Kreis der Familie und wurden von Lady Bobbin höchstselbst eingeladen (oder sollte ich herbei zitiert sagen?). Paul Fotheringhay hat sich als vermeintlicher Hauslehrer unter falschem Namen eingeschlichen, unterstützt von Bobby und Amabelle. Er will an die Tagebücher einer schriftstellernden Bobbin-Ahnin gelangen, deren Biographie verfassen und so als Autor der ernst zu nehmenden Muse gelten.

Michael Lewes versucht sein Glück nochmals bei Amabelle, die in der Nähe ein Haus gemietet hat. Philadelphia wird erstmals von jungen Männern umschwärmt, verliebt sich in den Falschen und gerät in Konflikt mit der Stimme der Vernunft. Lady Bobbin blüht wieder auf, als das Jagdverbot, das wegen der Maul- und Klauenseuche verhängt worden war, endlich zurückgenommen wird. Die elegante, intelligente Amabelle entdeckt ihre Vorliebe für Schafts-Leber-Egel sowie ihren Nachbarn, Major Stanworth, und beschließt, dauerhaft und verheiratet auf dem Land zu leben.

Nein, große Dramen ereignen sich wahrlich nicht in »Christmas Pudding«. Man ergeht sich in heiter-oberflächlichem Geplauder und Tratsch, verstrickt sich in Herzensirrungen, frühstückt Hirn, nimmt an Jagdrennen oder am Hausball Lady Bobbins teil:

»Der Ball in Compton Bobbin war beileibe kein Feuerwerk der guten Laune. Er geriet sogar noch trostloser als befürchtet, und noch Jahre später sprachen die jungen Leute in den Cotswolds von »dieser entsetzlichen Party bei den Bobbins«. Als die Gäste frierend und durchgerüttelt von der langen Autofahrt eintrafen, wurden sie weder mit Terpsichores fröhlichen Klängen noch mit Bacchus‘ stärkendem Trank empfangen.«

Mitford, Nancy, »Schöne Bescherung auf Compton Bobbin«, Frankfurt am Main, 2024, S. 211.

Gut, das Feiern bei Lady Bobbin mag kein Feuerwerk der guten Laune sein, das Buch ist es! Damit wären wir auch schon bei meiner Bewertung angelangt.

»Christmas Pudding« – mein Fazit

»Christmas Pudding« oder eben »Schöne Bescherung auf Compton Bobbin« ist ein köstliches Lese-Vergnügen, allerdings mit hohem Suchtfaktor! Nancy Mitford schreibt unterhaltsam, flott, charmant und nimmt mit typisch britischem Humor die offen- oder unterschwelligen menschlichen Neigungen und Abneigungen aufs Korn.

Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen – weder beim ersten Lesedurchgang noch beim zweiten… Und daher möchte ich Euch »Schöne Bescherung auf Compton Bobbin« ans Herz und am liebsten gleich unter den Weihnachtsbaum legen.

Christmas Pudding – Nancy Mitford (1932)

Da ich Letzteres finanziell nicht stemmen kann, müsst Ihr Euch selbst behelfen…

Und jetzt wünsche ich Euch ein frohes Weihnachtsfest und ein glückliches und gesundes Jahr 2026! Ich hoffe, wir lesen uns dann wieder!

Christmas Pudding – Nancy Mitford (1932)

»Christmas Pudding« – Bestellmöglichkeiten

Mitford, Nancy, »Schöne Bescherung auf Compton Bobbin«, übersetzt von Eva Regul, 240 Seiten, erschienen 2024 bei Schöffling & Co., Frankfurt am Main.

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Mitford, Nancy, »Christmas Pudding«, 192 Seiten, erschienen 1998 bei Da Capo Press, New York.

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Christmas Pudding – Nancy Mitford (1932)