Flötentöne und Frauenschicksale – Interview mit Anja Weinberger (2025)

von | 30.05.2025 | Interview

Evelina

Um all die Buchbesprechungen ein wenig aufzulockern, gibt es heute mal wieder ein Interview! Und zwar mit einer sehr vielseitigen und überaus begabten und ebenso sehr und überaus fleißigen Frau …

Flötentöne und Frauenschicksale – eine Art Präludium

Zu Gast auf Meine Leselampe ist eine Kollegin vom Leiermann-Verlag: die Flötistin Anja Weinberger aus Erlangen.

Sie hat Musik, Musikwissenschaft und Kunstgeschichte studiert, pflegt die Kunst der Kammermusik, unterrichtet Menschen allen Alters und betätigt sich von Zeit zu Zeit als Herausgeberin bei einem Musikverlag.

(Foto rechts: von Anja Weinberger zur Verfügung gestellt)

Flötentöne und Frauenschicksale

Übrigens: Auf Anja Weinbergers Seite im Netz kann man sie für Lesungen und Konzerte buchen: https://www.anja-weinberger-floetistin-autorin.de/meine-buecher/shop.

Meine Leselampe: Anja, warum hast Du Dich für die Querflöte entschieden und wann?

A. Weinberger: Liebe Christiane, zunächst herzlichen Dank für Deine Einladung zu diesem Interview in Deinem schönen Blog.

Zur Flöte kam ich eher zufällig. Im Gymnasium gab es einen großen Chor, in dem ich begeistert sang, und Instrumentalunterricht auf von der Schule zur Verfügung gestellten Instrumenten. Nur noch eine schon recht malträtierte Flöte aus sehr angelaufenem Neusilber lag im großen Instrumentenschrank. Natürlich gab es in der oberfränkischen Provinz weit und breit keinen Instrumentenbauer. Und so halfen mein Vater, der Naturwissenschaftler war, und ein befreundeter Goldschmied bei der Reparatur.

Das Ergebnis war zufriedenstellend, bestimmt nicht perfekt, und ganz nebenbei durchschauten wir das »Wunder Böhmmechanik«. Ich war damals knapp 10 Jahre alt und von Anfang an begeistert. Allerdings hat es eine ganze Zeit lang gedauert (mehrere Jahre), bis ich zu einem wirklich guten Lehrer kam.

Meine Leselampe: Du liebst nicht nur die Musik, Anja, sondern auch Museen, Kunstdenkmäler und Frankreich (und als Bayerin natürlich Bier!). Da Dein Tag ganz offensichtlich 72 Stunden hat (worum ich Dich beneide!), schreibst Du auch noch kultur- und kalendergeschichtliche Beiträge für Anthologien wie zuletzt für »Kulinarische Kalendergeschichten« -> https://www.meineleselampe.de/kulinarische-kalendergeschichten-2024/ sowie für den Blog des österreichischen Leiermann-Verlages.

Flötentöne und Frauenschicksale

(Foto links: von Anja Weinberger zur Verfügung gestellt)

Und Du hast drei eigene Bücher geschrieben:

»Frauengeschichten – Kulturgeschichten aus Kunst und Musik« [https://www.verlag.der-leiermann.com/frauengeschichten-kulturgeschichten-aus-musik-und-kunst/]

»Kulturgeschichten – nicht nur für Flötisten« [https://www.verlag.der-leiermann.com/kulturgeschichten-nicht-nur-fuer-floetisten/]

»Meine französischen Kulturgeschichten« [https://www.verlag.der-leiermann.com/meine-franzoesischen-kulturgeschichten/]

Flötentöne und Frauenschicksale – und so viel mehr Themen

Meine Leselampe: Liebe Anja, Du verfasst ja auch wunderbare Berichte über Städte und deren kulturelle Sehenswürdigkeiten. In der Zukunft soll, so habe ich gehört, ein neues Buch von Dir erscheinen, diesmal geht es um kultur- und stadtgeschichtliche Facetten zu Nürnberg. Gibt es schon einen Titel und ein Erscheinungsdatum?

A. Weinberger: Naja, ein Arbeitstitel steht – »Kulturgeschichtliche Spaziergänge in Nürnberg«, und nein, dafür gibt es noch kein Datum, mal sehen. Im Augenblick ist das Buch ein wenig nach hinten gerutscht im Aufmerksamkeitsspektrum. Ich bin grade unerwartet stark beansprucht von der Arbeit an meinem Projekt »Vom Himmel hoch …« und von einigen Kammermusikprojekten.

Meine Leselampe: Und die »Kulturgeschichten – nicht nur für Flötisten« erscheinen bald in einer erweiterten zweiten Auflage (für die man derzeit noch Buchpatenschaften übernehmen kann -> https://www.verlag.der-leiermann.com/buchpate-werden-floetengeschichten/). Welche neuen, bzw. zusätzlichen Beiträge/Themen dürfen wir erwarten?

A. Weinberger: Ja, das freut mich total. Die Flötengeschichten waren eines der ersten Bücher im damals nagelneuen Leiermann-Verlag und ihr Erscheinen stellte so gesehen auch einen Lernprozess für alle Beteiligten dar. In der Neuauflage wird es zusätzlich Kapitel geben über die beiden musizierenden und komponierenden Preußen-Prinzessinnen und über Anna Bon di Venezia, deren wunderschöne Sonaten gerade (endlich) von meinen Flötisten-Kollegen entdeckt werden. Auch Standard-Literatur von Bach, Telemann und Mozart betrachte ich – alles aber nicht belehrend-professionell, sondern eher spielerisch und auch für Nicht-Flötisten und sogar Nicht-Musiker interessant – so glaube ich zumindest.

Aber das Allerbeste: 14 Komponistinnen und Komponisten haben sich zu Interviews bereit erklärt. Alle haben die gleichen Fragen bekommen, und ihre Antworten waren sehr spannend. Die Flöten-Literatur dieser 14 wird dann auch in einem Extra-Anhang aufgelistet sein. Für Musikerinnen und Musiker eine echte Fundgrube!

Meine Leselampe: Anja, wenn ich Deine Beiträge und Bücher lese, fällt mir auf, wie sehr Du Frankreich liebst. Woher kommt diese Passion?

A. Weinberger: Eigentlich ist Frankreich meine zweite große Liebe, denn mit Italien verbindet mich und meine ganze Familie eine wesentlich längere Geschichte. Schon als kleines Mädchen haben mich meine Eltern ins Auto gepackt und über den Brenner ins Sehnsuchtsland Italien transportiert. Wir haben das mit unserer Tochter dann genauso gemacht und auf diesem Weg sehr viel von Land, Leuten und Sprache kennen und lieben gelernt.

Obwohl ich in der Schule Französisch gelernt habe, rückte unser westliches Nachbarland erst wieder in mein Bewusstsein, als mein Mann und ich nur mehr allein unterwegs waren. Seitdem sind wir aber schockverliebt, v. a. in die Picardie, die Normandie und die Bretagne.

Ein großer Unterschied zu Italien ist weiterhin, dass die französische Musik im kammermusikalischen Bereich eine wahre Wundertüte ist. Es gibt unendlich viele Werke, bei denen wir Flötistinnen und Flötisten beteiligt sind und in deren Klangwolken wir eintauchen dürfen. Italienische Musik hat für uns deutlich weniger zu bieten, vielleicht einmal abgesehen vom Barock.

Anja Weinberger nach einer Lesung aus ihren »Frauengeschichten – Kulturgeschichten aus Kunst und Musik« in Hof.

(Foto rechts: von Anja Weinberger zur Verfügung gestellt)

Flötentöne und Frauenschicksale

Flötentöne und Frauenschicksale – der viktorianische Dreh

Meine Leselampe: Du machst Dich in vielen Deiner Buch- und Blog-Veröffentlichungen für die vergessenen oder wenig gewürdigten Künstlerinnen vergangener Jahrhunderte stark. In Deinem Buch »Frauengeschichten – Kulturgeschichten aus Kunst und Musik« beschreibst Du die Lebenswege von über 50 Frauen, die durch mangelnde Rezeption oder auch durch gezieltes Verschweigen nach ihrem Tod der Kulturgeschichte verloren gegangen sind. Wie gern würde ich sie alle hier erwähnen!

Da Meine Leselampe jedoch ein Blog über die viktorianische Epoche im weitesten Sinn (und im engeren über die englische Literatur des 19. Jahrhunderts) ist, möchte ich gern von Dir wissen, welche Künstlerin des 19. Jahrhunderts Dich besonders fasziniert hat. Gibt es bemerkenswerte Sängerinnen, Komponistinnen, Malerinnen oder Musen in England oder liegt der Schwerpunkt tatsächlich mehr in Frankreich?

A. Weinberger: Da fallen mir einige Damen ein. In meinen Frauengeschichten tauchen z. B. auf: die Primaballerina Margot Fonteyn, die Geigerin Beatrice Langley, die Bildhauerin Barbara Hepworth – alle aber außerhalb Deines Zeitrahmens. Im 19. Jahrhundert agierten jedoch die Fotografin Clementina Hawarden [1] und die Jugendstil-Künstlerin Margaret MacDonald Mackintosh [2], die auch Kapitel meines Buchs bevölkern. Und es gibt drei prominente Namen, die viel Zeit in England verbracht haben, ohne dort Staatsbürgerinnen zu sein:

Die Sängerin Pauline Viardot [3], die international »unterwegs« war, den russischen Schriftsteller Turgenjew liebte und deren Werke auch in London verlegt und herausgegeben wurden. – Die Komponistin Cécile Chaminade [4], die am Hofe Queen Victorias ein gern gesehener Gast war. – Und die Keramikerin Margarete Heymann-Loebenstein [5], die am Ende ihrer Karriere als Margret Marks in London lebte.

Großartige Künstlerinnen in allen Bereichen der Kunst gab und gibt es überall in Europa. Und viele von ihnen führten ein kosmopolitisches Leben. So auch die Sängerin Jenny Lind, die in Schweden geboren wurde, ihre Ausbildung in Frankreich erhielt, in Deutschland große Erfolge feierte, durch die USA tourte und die ihren Lebensabend mit der Familie schließlich in London verbrachte, wo sie am Royal College of Music unterrichtete – mitten im 19. Jahrhundert übrigens.

Anmerkung am Rande: Über diesen Link kann man im Blogbeitrag schmökern, der das Leben der schwedischen Sängerin umreißt: https://www.blog.der-leiermann.com/jenny-lind/. Auch dieser Text ist in den »Frauengeschichten« von Anja Weinberger enthalten.

Meine Leselampe: Anja, was planst Du für Deine Zukunft? Bleibt die Musik Dein Schwerpunkt oder wird Deine ebenso erfolgreiche Autorentätigkeit in den Vordergrund rücken?

Flötentöne und Frauenschicksale

A. Weinberger: Ich bin – zumindest momentan – in erster Linie Flötistin und Musiklehrerin. Das Musizieren ist zwar anstrengend (wir werden ja nicht jünger), aber nach wie vor mein Traumberuf, dem alles andere untergeordnet ist. Aber man weiß nicht, was die Zukunft bringen wird. Für mich ist das Schreiben völlig unerwartet zu einer zweiten Leidenschaft geworden, worüber ich mich jeden Tag freue.

(Foto links: eigenes Foto)

Flötentöne und Frauenschicksale – eine Art Schlussakkord

Meine Leselampe: Anja, auf welchen Social-Media-Kanälen kann man Dich finden?

A. Weinberger: Augenblicklich bin ich sehr aktiv auf Mastodon, etwas weniger auf Bluesky, Facebook, Linkedin und Instagram. Man muss ganz ehrlich sagen, dass die sozialen Medien für uns unabhängige Künstler eine gute Möglichkeit darstellen, um am Puls der Zeit zu bleiben und sich ein wenig ins Rampenlicht zu rücken. Aber ich mag auch den privaten Kontakt, der dort entstehen kann. Einige Freundschaften verdanke ich Social Media. 

Meine Leselampe: Liebe Anja, herzlichen Dank, dass Du Dir die Zeit für unser Interview genommen hast.

A. Weinberger: Sehr gern, liebe Christiane. Vielen Dank für die Einladung.

Flötentöne und Frauenschicksale – zusätzliches Infomaterial

[1] der-leiermann.com, Clementina Hawarden – Blog – Der Leiermann, Christian Schaller, online: https://www.blog.der-leiermann.com/clementina-hawarden-die-doppelte-pionierin/, abgerufen am 27.5.2025.

[2] Wikipedia, Margaret Macdonald Mackintosh, 9.4.2025, online: https://en.wikipedia.org/wiki/Margaret_Macdonald_Mackintosh, abgerufen am 27.5.2025

[3] und [4] der-leiermann.com, Frauen in der Musik – Blog – Der Leiermann, Anja Weinberger, online: https://www.blog.der-leiermann.com/frauen-in-der-musik/, abgerufen am 27.5.2025

[5] Bauhaus Kooperation, Margarete Heymann-Loebenstein, [AG 2015], online: https://bauhauskooperation.de/wissen/das-bauhaus/koepfe/biografien/biografie-detail/person-518, abgerufen am 27.5.2025

Flötentöne und Frauenschicksale – Bezugsquellen (Werbung)

Die Bücher von Anja Weinberger (s.o.) könnt Ihr über die nun folgenden Links beim Leiermann-Shop bestellen (zudem hat sie bei allen dort gelisteten Sammelbänden mitgeschrieben):

Flötentöne und Frauenschicksale

oder in Eurer Lieblings-Buchhandlung kaufen.

Und dann gibt es da noch die Möglichkeit:

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Weinberger, Anja, Kulturgeschichten: Nicht nur für Flötisten, 191 Seiten, Grieskirchen/Österreich, 2021. ACHTUNG: bald erscheint eine zweite, erweiterte Auflage!!!

Weinberger, Anja, Meine französischen Kulturgeschichten, 231 Seiten, Grieskirchen/Österreich, 2022.

Weinberger, Anja, Frauengeschichten – Kulturgeschichten aus Kunst und Musik, 293 Seiten, Grieskirchen/Österreich, 2023.

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Flötentöne und Frauenschicksale