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W.M. Thackeray – Leben und Werk
Ein gern spöttelnder Schriftsteller, ein begabter Karikaturist, ein Konkurrent seines großen viktorianischen Kollegen Charles Dickens… so kennen wir William Makepeace Thackeray. Sein Leben verlief nicht immer so heiter, wie der Duktus seiner Werke glauben macht.
Früh auf sich gestellt
Der viktorianische Schriftsteller und Karikaturist William Makepeace Thackeray wurde 1811 im indischen Kalkutta als Sohn eines Kolonialbeamten geboren. Sein Vater starb 1815, nur zwei Jahre später schickte die Mutter den sechsjährigen Jungen allein nach England, dort besuchte er verschiedene Internate. Und lernte die Härten des englischen Schulsystem kennen…..
Ab 1829 studierte Thackeray zunächst in Cambridge, schrieb hier seine ersten Publikationen über Snobs. Nach kurzer Zeit – 1830 – brach er sein Studium in Cambridge ab, zog nach London und reiste durch Europa. Danach studierte er in London Rechtswissenschaften, doch auch das währte nicht lang.
Bankrott in jungen Jahren
1833 kam ein schmerzhafter Einschnitt für den jungen Mann: durch Fehlinvestitionen, den Zusammenbruch seiner Banken in Indien und hohe Einsätze im Glücksspiel hatte William Makepeace Thackeray sein väterliches Erbe innerhalb kürzester Zeit “durchgebracht” (das “Snobtum” lässt grüßen…).
Jung und schon pleite – eine “Tugend”, die vom Adel und den Wohlhabenden in der viktorianischen Gesellschaft häufig “gepflegt” wurde und die Thackeray in seinen Romanen immer wieder auf’s Korn nahm. Ungeachtet seiner knappen Barschaft studierte Thackeray in Paris Kunst, er galt als sehr begabt. Die Karikaturen in vielen seiner Romane und in Werken seiner Kollegen stammen aus seiner Feder.
Unglückliche Ehe
In Paris lernte Thackeray Isabella Shawe kennen, 1836 heirateten die beiden. Isabella gebar ihm drei Töchter, eines der kleinen Mädchen starb nur einige Monate nach der Geburt.
1840 erlitt Isabella einen Nervenzusammenbruch und wurde depressiv. Thackeray versuchte alles, um ihr zu helfen. Isabellas Zustand verschlimmerte sich, nach einem Selbstmordversuch wurde sie wahnsinnig und musste in einer Nervenheilanstalt untergebracht werden. Thackeray sorgte weiterhin für seine Frau, musste jedoch für immer getrennt von ihr leben.
Ich glaube nicht, dass der viktorianische Spötter, der in seinen Romanen und Erzählungen so humorvoll “rüberkommt”, ein glücklicher Mann war.
Schon früh begann Thackeray Erzählungen, Satiren und Reiseberichte zu schreiben. Nach seiner Heirat und Familiengründung begann er ab 1837 regelmäßig als Journalist für “Fraser’ Magazine”, die “Times” und natürlich das Satire-Magazin “Punch” zu arbeiten.
Sehnsucht nach vergangenen Zeiten
1844 veröffentlichte er in einer Zeitschrift seinen ersten Roman: “The Luck of Barry Lyndon”, 1852 erschienen die Fortsetzungen unter dem Titel “Die Erinnerungen des Barry Lyndon” (“The Memoirs of Barry Lyndon, Esquire, by Himself”) als Buch. Die meisten von Euch haben sicher die Barry-Lyndon-Verfilmung von Stanley Kubrick gesehen.
Der Barry-Lyndon-Roman spiegelt Thackerays Sehnsucht nach dem 18. Jahrhundert wider, genauso wie die Essays über “Die vier George” -> https://www.meineleselampe.de/die-vier-george/ oder “The History of Henry Esmond” (1852) und “The Virginians: A Tale of the Last Century” (1857-1859). In der Zeit der englischen Romantik fühlte sich Thackeray seelisch beheimatet, die (nach außen hin) prüden Anstandsregeln der viktorianischen Ära gefielen ihm offenbar nicht – in “Die vier George” schreibt er:
“Ich stelle mir das England unserer Vorfahren weit unterhaltender vor, als die Insel, die wir bewohnen. Die ganze Bevölkerung, hoch wie niedrig, erfreute sich mehr des Lebens.”
aus: William Makepeace Thackeray, “Die vier George” in: “Das Buch der Snobs”, 187 Seiten, übersetzt von Heinrich Conrad (1910 für den Georg Müller Verlag, München und Leipzig), neu bearbeitet und herausgegeben von Michael Holzinger, Berliner Ausgabe, 2016.
Mit der eigenen, der viktorianischen Epoche und dem Treiben seiner Mitmenschen beschäftigt sich Thackeray in “Vanity Fair or: A Novel without a Hero” (1847-1849), im autobiographischen “The History of Pendennis” (1848-1850), in “Das Buch der Snobs” (1848) -> https://www.meineleselampe.de/das-buch-der-snobs/ oder beispielsweise in “The Newcomes” (1853-1855).
In diesen Werken zeigt er das ganze Spektrum viktorianischen Lebens auf, gewürzt mit spöttischer Kritik am politischen System, an gesellschaftlichen Eitelkeiten, an dem oft ruinös betriebenen Ehrgeiz, dazu zu gehören und jemand zu sein.
Seinen schriftstellerischen Durchbruch – und damit verbunden – gesellschaftliche und finanzielle Anerkennung verschaffte sich Thackeray mit seinem Roman “Vanity Fair” – “Jahrmarkt der Eitelkeit” -> https://www.meineleselampe.de/jahrmarkt-der-eitelkeit/, der bis heute weltweit populär ist.
(Bild links: eslfuntaiwan/Pixabay)
Thackeray konnte seine Frau und seine beiden Töchter versorgen, sich selbst die Mitgliedschaft in mehreren exquisiten Londoner “Clubs”, Reisen ans Mittelmeer und in den Nahen Osten leisten, er hielt sich ein eigenes Pferd und aß wohl zu gern und zu gut – was seiner Gesundheit abträglich war. 1863 starb William Makepeace Thackeray in London an einem Schlaganfall, er wurde nur 52 Jahre alt.
Die meisten seiner (hervorragenden !!!!) Werke sind beim breiten Publikum heute leider in Vergessenheit geraten. Obwohl man doch immer wieder Parallelen zur heutigen Spaß-Gesellschaft entdecken kann…..vorausgesetzt, man will es!!
Quellen und Weblinks
- Hans-Dieter Gelfert, “Kleine Geschichte der englischen Literatur”, 360 Seiten (ohne Anhang), 2. aktualisierte Auflage von 2005, erschienen im Verlag C.H.Beck, München
- “Knaurs Lexikon der Weltliteratur”, Herausgeber Dr. Diether Krywalski, 940 Seiten, erschienen 1979, Droemer Knaur, München/LeipzigWikipedia: “William Makepeace Thackeray”
- https://de.wikipedia.org/wiki/William_Makepeace_Thackeray