“Jahrmarkt der Eitelkeit” – Einführung

“Ja, das ist der Jahrmarkt der Eitelkeit! Bestimmt gibt es hier keine Moral, auch keine wahre Fröhlichkeit, wenn auch viel Lärm. (…) Der allgemeine Eindruck aber ist eher melancholisch als heiter.”

Seite 7 (Vor dem Vorhang) aus William Makepeace Thackeray, “Jahrmarkt der Eitelkeit”, übersetzt von Theresia Mutzenbacher, mit Zeichnungen des Autors aus der Erstausgabe von 1848, 916 Seiten, Winkler-Verlag in München, 1965.

Der viktorianische Schriftsteller William Makepeace Thackeray (1811-1863) nimmt in seinem “Jahrmarkt der Eitelkeit” die englische Gesellschaft ins Visier, spöttelnd, jedoch augenzwinkernd und versöhnlich. Gehörte er doch selbst zu den Darstellern auf diesem Jahrmarkt! Seine Karriere als junger Gentleman startete er wie so viele seinesgleichen: er verschleuderte sein ererbtes Vermögen.

Auf William Makepeace Thackeray bin ich schon vor einigen Jahren gestoßen. 2011 jährte sich der Geburtstag des englischen Romanschriftstellers zum 200. Mal (dieses Jahr übrigens zum 210. Mal) und Thackeray war wieder präsent in den Schlagzeilen und im öffentlichen Bewusstsein.

“Jahrmarkt der Eitelkeit”, “Vanity Fair or a Novel without a Hero” im Original, ist sein bekanntestes Werk und erschien von 1847 bis 1848 in Fortsetzungen im “Punch”, einem bekannten Londoner Satiremagazin. Und ja, der Name der ebenfalls bekannten und noch existierenden englischsprachigen Modezeitschrift ist von Thackerays “Vanity Fair” inspiriert – wittere ich da einen Hauch von Selbstironie seitens der Herausgeber/Chefredaktion?

Am 31.7.2019 habe ich auf Meine Leselampe zum ersten Mal über “Jahrmarkt der Eitelkeit” geschrieben, diese Buchvorstellung habe ich überarbeitet und um viele Informationen ergänzt.

“Jahrmarkt der Eitelkeit” – Handlung

In “Jahrmarkt der Eitelkeit” schildert Thackeray die Lebenswege zweier junger Frauen in der englischen Gesellschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Amelia Sedley und Rebecca Sharp könnten unterschiedlicher nicht sein.

Amelia ist sanft, herzensgut und milde gesagt, sehr naiv und unbedarft. Sie stammt aus der wohlhabenden Mittelschicht.

(Bild links von Mabel Amber/Pixabay)

Rebekka dagegen ist arm, ehrgeizig, raffiniert und eine Blenderin, die Tochter eines Malers und einer Tänzerin.

(Bild rechts von Johann Piber/Pixabay)

Die beiden haben sich in einem Erziehungsinstitut für junge Damen kennengelernt und befreundet, Becky, weil sie sich von der wohlhabenden Familie Amelias Vorteile erhofft, Amelia, weil sie der mittellosen Waise Becky helfen möchte. Leider schafft es Becky nicht, sich Joseph, den reichen, aber recht trägen Bruder Amelias, zu angeln. Sie muss notgedrungen eine bezahlte Stelle als Gesellschafterin bei Sir Pitt Crawley annehmen.

Der Beruf der Gesellschafterin ist kein Erfolgsmodell auf dem “Jahrmarkt der Eitelkeit”, doch Rebekka macht das Beste daraus: sie gewinnt den jüngeren Sohn des Hauses, Offizier Rawdon Crawley für sich und heiratet ihn.

Meine Leselampe-Vorschau KW 17

Eine Fehlspekulation, denn die reiche Erbtante, deren Liebling Rawdon war, verstößt das junge Ehepaar wegen der unpassenden Herkunft Rebekkas.

(Bild links von Anja Leid/Pixabay)

Amelia liebt George Osborne, einen Jugendfreund, die beiden sind einander lange schon versprochen. Als Amelias Familie verarmt, heiratet George sie gegen den Willen seines Vaters. Auch dieses Paar wird verstoßen und muss allein zurechtkommen. Und dann ist da noch Hauptmann Dobbin, ein Freund George Osbornes, der Amelia heimlich liebt und in den Wirrungen der nächsten Jahre seine Hand schützend über sie hält.

Nach recht kurzer Ehezeit fällt George Osborne bei der Schlacht von Waterloo, gerade als er die schwangere Amelia verlassen und mit ihrer Freundin Becky durchbrennen will. Amelia hat den Flirt zwischen Ehemann und Freundin bemerkt, verdrängt ihre dunklen Ahnungen aber. Nach Georges Tod trauert sie jahrelang um den von ihr idealisierten Mann. In großer Armut zieht sie den gemeinsamen Sohn auf und vergöttert ihn.

Rebekka wird ebenfalls Mutter, kümmert sich aber nicht um ihren Sohn, er ist ihr bei ihrem Kampf um gesellschaftliche Anerkennung und Reichtum lästig. Doch sie überspannt den Bogen, ihr Mann Rawdon gerät in Schuldhaft und entdeckt, dass sie ihn um Geld betrogen hat und ein zu enges Verhältnis zu ihrem ältlichen Gönner, den Marquis of Steyne, pflegt. Rawdon verlässt Becky…

Wie das Leben der beiden Frauen verläuft, ob Becky ihre Ziele erreicht und Amelia ihre Trauer überwindet? Findet es selbst heraus… Kein Spoiler an dieser Stelle!!!

“Jahrmarkt der Eitelkeit” – Fazit

Nicht die Lebens- und Liebesgeschichten von Amelia und Rebecca an sich (die beileibe keine Heldinnen sind) machen “Jahrmarkt der Eitelkeit” so lesenswert, es ist die spitzzüngige und entlarvende Darstellung der englischen Gesellschaft, in der Schein mehr gilt als Sein. Das gilt für die Familien des alteingesessenen Adels als auch für die aufstrebenden neureichen Großindustriellen und Bankiers.

Thackerays Charaktere und ihre Dialoge führen das herz- und geistlose Treiben der feinen Schicht gekonnt vor. Wer sein Geld verliert, wird fallen gelassen und hat keine Freunde mehr.

Meine Leselampe-Vorschau KW 17

Wer pleite und clever ist, eine glänzende Fassade wahrt oder vorgaukelt und zu Lasten der Händler und Dienstboten ungeniert auf Pump lebt, darf weiterhin beim Reigen der Eitelkeit mittanzen.

(Bild rechts von Anja Leid/Pixabay)

Was würde William Makepeace Thackeray heute wohl aus den geld- und ruhmbedürftigen XY-Promis machen, die versuchen, durch auffälliges Benehmen im Dschungel, in WGs oder auf tropischen Inseln sich zu sanieren? Einen “Jahrmarkt der Beschämung” oder “Das Buch der Blender”….?

Auf Meine Leselampe findet Ihr bisher folgende Rezensionen zu William Makepeace Thackerays Werken “Die Kickleburys am Rhein” -> https://www.meineleselampe.de/w-m-thackeray-die-kickleburys-am-rhein/, “Die vier George” -> https://www.meineleselampe.de/die-vier-george/, “Das Buch der Snobs” -> https://www.meineleselampe.de/das-buch-der-snobs/ und “Die verhängnisvollen Stiefel” -> https://www.meineleselampe.de/verhaengnisvollen-stiefel/. Thackeray-Hype!!!

“Jahrmarkt der Eitelkeit” – Quellen und Weblinks

“Jahrmarkt der Eitelkeit” – mein Lese-Exemplar

William Makepeace Thackeray, “Jahrmarkt der Eitelkeit”, übersetzt von Theresia Mutzenbacher, mit Zeichnungen des Autors aus der Erstausgabe von 1848, 916 Seiten, Winkler-Verlag in München, 1965.

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Jahrmarkt der Eitelkeit